Führungspersönlichkeiten zeichnen sich durch ihre hohe Resilienz aus. Doch was tun, wenn schwierige äußere Umstände einen ins Schleudern bringen, die Gedanken rattern und der Körper beginnt, Signale des Unwohlseins zu senden? Einige Gedanken zur Sportlichkeit von Managern.
Produktionsbetriebe werden aktuell besonders stark von Krisen durchgebeutelt. Zu deren erbarmungsloser Realität gehören bekannte Schlagwörter wie Lieferengpässe, Ressourcenknappheit, Abwanderung von Mitarbeiter*innen, Kostenexplosionen bei Rohstoffen, enorme Steigerungen bei Personalaufwänden.
Produktionsbetrieb – dieses Wort klingt nach Hallen, Gebäuden, Anlagen, Prozessen und so gar nicht nach Gesichtern, nach Individuen oder Menschen, die ihr Leben mit Agilität leben und sich beruflich verwirklichen wollen.
In diesem Blogbeitrag möchte ich den Fokus auf eine spezielle Funktion und deren aktuelle Situation richten: Gemeint ist der Geschäftsführer, die Geschäftsführerin. Mein heutiger fiktiver Protagonist ist männlich, 45 Jahre alt, technisch wie wirtschaftlich bestens ausgebildet und ein Führungstalent. Er suchte schon immer die Herausforderungen, besaß einen scheinbar spielerischen Zugang zu allem, zeigte sich agil und zielorientiert. Der Karriereweg zur Geschäftsführung war rasch erklommen, er wurde geschätzt von den Inhabern, die im Aufsichtsrat seine vorgeschlagenen Wege der Expansion und Internationalisierung unterstützten. Auf ein leistungsorientiertes Führungsteam und engagierte Mitarbeiter*innen konnte er vertrauen; kein Wunder, er hatte die wichtigsten Player ja auch selbst ausgewählt.
Und plötzlich ereignet sich auf der Bühne des Erfolgs ein Kulissenwechsel nach dem anderen – unvorhersehbar und unangekündigt. Was die Führungspersönlichkeit früher als Herausforderung bezeichnete, besitzt gegenwärtig den Charakter eines riesigen Problems. Und auf einmal gibt es nichts anderes mehr als Probleme ringsum, die sich äußerst ungünstig ineinander verkeilen. Aber nein, es entsteht nicht nur ein Problemberg daraus, den es zu erklimmen gilt, sondern es formt sich vor seinen Augen eine gesamte Gebirgskette mit ihren Tälern und Schluchten. Was geht da gerade ab? Loyale Schlüsselpersonen verlassen das Unternehmen, denen Headhunter anderswo bessere Arbeitsbedingungen versprochen haben. Eine noch nie dagewesene Abwanderung von Fachpersonal setzt ein. Neben der oft unlösbaren Unterbesetzung steigt gleichzeitig der Personalaufwand enorm, denn die letzte Gehaltsrunde muss irgendwie gestemmt werden. Eine Explosion der Rohstoffpreise bedeutet den Start einer verlustdrohenden Kettenreaktion auf dem Markt, dessen Kundenverhalten nicht mehr berechenbar ist. Die Mitglieder des Aufsichtsrats reagieren beunruhigt und alarmiert auf die Geschäftsentwicklung, sie erhöhen ihre Präsenz, den Druck, äußern ihre Zweifel einmal hier und einmal dort, und fordern umgehend Lösungen.
Die Position der operativen Geschäftsführung kann in solchen Zeiten angesichts des Drucks von oben und unten extrem atemraubend im eigentlichen Sinne sein. Selbst im privaten Bereich, wo man in der Rolle des stets souveränen, agilen Partners, Vaters oder Freund steckt, wird wie eh und je gefordert und erwartet. Und so kommt es, dass sich erfolgreiche Führungspersönlichkeiten erstmalig allein auf weiter Flur wähnen, alleine mit ihren Problemen und Sorgen sind und keine Orientierungshilfen zu erwarten haben. In Folge manifestieren sich Schlafprobleme, die Wachzeit von zwei bis vier Uhr früh ist geprägt von sich kreisenden Gedanken, die sich schwer kontrollieren und bündeln lassen, und weit weg von klaren Lösungswegen sind.
Noch nie erlebte Schlafprobleme über einen längeren Zeitraum waren auch das Alarmzeichen unseres Geschäftsführers, die darauf hinwiesen, dass es höchste Zeit ist, eine Insel der Reflexion und der Perspektivenerweiterung zu suchen. Auf einem Platz des Vertrauens wollte er die notwendige Ruhe finden, um in einer Metaposition alle Scheinwerfer einzuschalten und alle Möglichkeiten für eine rasche Lösungsentwicklung auszuleuchten. Professionelles Coaching kann hier tatsächlich viel Positives in kürzester Zeit leisten. Wer hätte geglaubt, dass es für diese Führungspersönlichkeit in seiner momentanen Situation fürs Erste reichte, ein einziges Schlüsselwort verknüpft mit einem Schlüsselsatz zu entwickeln, um sich selbst wieder in seinen gewohnten Grundoptimismus und seine Agilität zu lenken.
Und sein Schlüsselwort lautete: Sportlichkeit!
Sein Schlüsselsatz: „Das muss ich jetzt wieder sportlich sehen.“
Dieser Gedanke kam übrigens nicht von mir, meine eigene Sportlichkeit hält sich in Grenzen, sondern stammt von meinem Kunden, nachdem er alle Scheinwerfer angeworfen hatte. Er erinnerte sich an seine erfolgreiche Berufsentwicklung, als er gleichzeitig sportlich höchst ambitioniert gewesen war, wo er Basketball und Tischtennis in Vereinen gespielt hatte und den vollen Energiegewinn durch den Laufsport erfuhr. Er hatte das Training, den Wettkampf, den Nervenkitzel, die Strategie, die feinen Raffinessen geliebt. Dort hatte er auch gelernt, den Erfolg zu feiern und aus der Niederlage die Kraft für den nächsten Wettkampf zu generieren. Der sich steigernde Zeitmangel führte dazu, dass er auf genau seinen größten Energiegewinn – dem Sport – mehr und mehr verzichtete.
Das war also der Schlüssel, wo er ansetzen wollte – der Sportlichkeit. Und plötzlich reihten sich seine Erfolgsgedanken aneinander: „Ja logisch, ich brauche es nur wieder sportlich angehen, so wie früher, einfach spielerisch meine Erfolge anpeilen, flexibel sein, den Spaß suchen, offen sein, schauen was passiert, agil auf den Beinen und im Kopf sein, dem Gegner selbstbewusst entgegentreten. Sportsgeist in meinem Beruf heißt auch, Entscheidungen wieder mit einer Geschwindigkeit zu treffen und damit schneller zu sein als andere. Es bedeutet Kondition zu besitzen, die andere vielleicht nicht haben. Mit einem stabilen Rückgrat und einem festen Muskelkorsett ein langes Match durchstehen.“ Sofort war optisch an meinem Gegenüber festzustellen, dass rein der Gedanke an Sportlichkeit sich auch in seiner Körperhaltung, in seiner Mimik, in seinen Körperzellen frisch manifestierte. Er bewegte sich in einem neuen Modus der Lebendigkeit und mit einer Körperhaltung, die eine sanft-kämpferische Note trug.
Die neu gewonnene Perspektivenerweiterung nutzend, fragten wir uns, wie er die neu gewonnene sportliche Haltung nun nutzbringend einsetzen könnte. Sehr kurz gefasst: In seinem Fall lag die Lösung darin, belastende Gedankenwege zu verkürzen, indem er in den nächsten drei Tagen mit vier relevanten Personen einzeln ein kurzes, klärendes Gespräch über schon längst anstehende Themen führen wird. Zuletzt galt es nur noch die Eckpunkte des Wie – Wann – Wo zu besprechen. Und man mag es kaum glauben, in den darauffolgenden Tagen fand für meinen Klienten ein erneuter Kulissenwechsel statt, der ihn dieses Mal nicht unangekündigt erwischte, sondern spielerisch von ihm selbst angeleitet wurde. Er konnte wieder erste Erfolge für sich verbuchen – welch großartiges, motivierendes Gefühl!
Falls Sie die Suche nach Ihrem persönlichen Erfolgsschlüssel interessiert, dann könnten die folgenden Schritte Sie dabei unterstützen:
1. Möglichkeiten der Reflexion und Perspektivenerweiterung suchen.
2. Gedankenprozess starten: Wann ging es mir so richtig gut, fühlte ich mich erfolgreich? Wann war ich bestens drauf? (Das mag oft gar nicht so lange zurückliegen).
3. In diese Zeit und in diesen Zustand gedanklich eintauchen und sich erinnern. Wie war das? Wie hat sich das angefühlt? Wie und wo genau war ich damals erfolgreich im Arbeitsalltag?
4. Sobald sich diese positive und starke Emotion wieder aufbaut, dort kurz verweilen. Wahrnehmen, dass Sie diesen Zustand kennen, bestens abgespeichert haben und jederzeit abrufen können.
5. Zum Abschluss planen Sie Ihre nächsten Erfolgserlebnisse. Sie überlegen sich zuerst leichtere Aufgaben, mit denen Sie sich spielerisch kleine Erfolge holen, die Sie in Folge schrittweise in Ihren neuen Modus führen werden.
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